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Mapping rechtliche Grundlagen

Warum braucht es ein Mapping rechtliche Grundlagen?

In der Schweiz gibt es kein nationales Kinder- und Jugendhilfegesetz. Rechtliche Grundlagen für die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Institutionen oder Pflegefamilien finden sich in verschiedenen Bundesgesetzen: dem Zivilgesetzbuch (ZGB; Ende der Kindesschutzmassnahmen mit 18 Jahren), dem Jugendstrafgesetz (JStG; Ende der Massnahmen mit 25 Jahren) und dem Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; keine Altersgrenzen). Mit der Pflegekinderverordnung (PAVO) wird die Aufnahme von Minderjährigen ausserhalb des Elternhauses geregelt, also lediglich bis zum vollendeten 18. Altersjahr. Ergänzend dazu gibt es eine Vielzahl von kantonalen Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien. Das bedeutet, dass es eklatante kantonale und regionale Unterschiede für den Leistungsbezug nach Volljährigkeit gibt.

Im Mapping der rechlichen Grundlagen werden mit den Profilen der Kantone zum einen die uneinheitlichen rechtlichen Möglichkeiten für den Leistungsbezug für Care Leaver*innen abgebildet, zum anderen wird aufgezeigt, dass mit entsprechenden rechtlichen Grundlagen die Bedingungen für Care Leaver*innen im Übergang in die Selbständigkeit verbessert werden. Bei den Kantonen, die bereits rechtliche Grundlagen geschaffen haben oder bestehende Regelungen anpassen, zeichnen sich zwei Tendenzen ab:

  • Die Altersgrenze für den Leistungsbezug wird angehoben (bis 25 Jahre).

  • Grundlagen für ambulante Hilfen im Übergang in die Selbständigkeit werden geschaffen.

Diese begrüssenswerten Verbesserungen werden von den anfangs 2021 veröffentlichten Empfehlungen der SODK und der KOKES zur ausserfamiliären Unterbringung gestützt. Diese anerkennen, dass sich die Jugendphase verlängert hat und der Übergang in die Eigenständigkeit mit vielen Herausforderungen verbunden ist, gerade für Care Leaver*innen. Junge Menschen sollen «bis zum Abschluss der Erstausbildung bzw. bis zum Erreichen der Fähigkeiten, welche für eine autonome Lebensführung erforderlich sind» – mit einer Altersgrenze von 25 Jahren – unterstützt werden.

Aufbau des Mappings rechtliche Grundlagen

Für jeden Kanton wurde ein Profil erstellt, welches folgende Fragen beantwortet:

  • Welches sind die kantonalen gesetzlichen Grundlagen für Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe (stationäre und ambulante Angebote) über die Volljährigkeit hinaus?

  • Welche stationären und ambulanten Leistungen sind aufgrund dieser gesetzlichen Grundlagen über die Volljährigkeit hinaus möglich?

  • Bis zu welchem Alter können diese Leistungen bezogen werden?

  • Sind diese Leistungen an bestimmte Bedingungen gebunden?

Die Profile wurden in Zusammenarbeit mit den jeweiligen kantonalen Verwaltungen erarbeitet und werden bei Änderungen laufend angepasst.


Was ist das Ziel des Mappings rechtliche Grundlagen?

Das Mapping rechtliche Grundlagen soll einen Überblick geben, welche rechtlichen Bestimmungen in den einzelnen Kantonen für Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe über die Volljährigkeit hinaus gelten. Oder anders ausgedrückt: aufgrund welcher kantonalen gesetzlichen Grundlage kann nach Volljährigkeit die ausserfamiliäre Unterbringung fortgesetzt oder ambulante Nachbetreuung / Übergangsbegleitung ermöglicht werden. Dadurch soll ersichtlich werden, in welchen Kantonen junge Menschen bei Bedarf auch nach ihrem 18. Altersjahr Unterstützung der Kinder- und Jugendhilfe erhalten.

Diese Orientierung soll für Care Leaver*innen, für Fachpersonen sowie für Institutionen und DAF, welche Unterstützung für Care Leaver*innen anbieten oder zugänglich machen wollen, hilfreich sein. Das Mapping kann dazu dienen, Rechte einzufordern und Ansprüche geltend zu machen. Hierbei ist zu beachten, dass teilweise auch bei fehlenden rechtlichen Grundlagen in der Praxis Lösungen im Einzelfall angestrebt werden.

Ein Mapping der konkreten Angebote von Institutionen und DAF für Care Leaver*innen finden Sie hier.


Stellungnahmen des KLC bei Vernehmlassungen zu kantonalen Gesetzesänderungen

Das Kompetenzzentrum Leaving Care (KLC) nimmt Stellung bei Vernehmlassungen zu kantonalen Gesetzesänderungen. Im 2021 beteiligte sich das KLC an der Vernehmlassung zweier Verordnungen in den Kantonen Zürich und Bern. Beide Verordnungen enthalten begrüssenswerte Verbesserungen (wie den Leistungsbezug bis 25 Jahre sowie die Möglichkeit ambulanter Leistungen im Anschluss an eine Platzierung), zeugen aber immer noch von einer mangelhaften Berücksichtigung der Bedürfnisse und strukturell bedingten Herausforderungen von Care Leaver*innen im Übergang aus der stationären Jugendhilfe in die Eigenständigkeit.

Stellungahme zur Kinder- und Jugendheimverordnung (KJV) des Kantons Zürich (09.02.2021)

Das KLC begrüsste die geplante Regelung, dass Leistungen neu bei Bedarf bis zum Alter 25 Jahre möglich sind, wies jedoch auch auf einige kritische Punkte hin, so z.B. auf den Umstand, dass Leistungen über die Volljährigkeit nur in Ausnahmefällen bezogen bzw. weitergeführt werden sollen und nur direkt im Anschluss an vorherige Leistungen möglich sind. Das KLC plädierte für einen Paradigmenwechsel im Denken und der Organisation der Kinder- und Jugendhilfe: Die Verantwortung für die Phase Leaving Care muss grundlegend übernommen und demzufolge müssen vielfältige, flexible und bedarfsgerechte Leistungen angeboten werden. Dafür ist eine weitergehende Sensibilisierung von Fachpersonen unabdingbar.

Stellungnahme zur Verordnung über die Leistungen für Kinder mit besonderem Förder- und Schutzbedarf (KFSV) des Kantons Bern (19.04.2021)

In seiner Stellungnahme zur Verordnung wies das KLC insbesondere auf folgende Punkte hin:

  • Pflegeverhältnisse sollen weiterhin sorgfältig und konstant begleitet werden.

  • Im Hinblick auf soziale Unterstützungsnetzwerke für Pflege- und Heimkinder und später für Care Leaver*innen sind vertraute Bezugs- und Vertrauenspersonen unerlässlich.

  • Leistungen im Übergang sind sehr wichtig und müssen unbedingt bedarfsorientiert und niederschwellig angeboten werden.

  • Der Tatsache, dass im Jugendalter Krisen und Abbrüche stattfinden und Neuanfänge möglich sein müssen, soll Rechnung getragen werden. Eine Rückkehr in die ausserfamiliäre Unterbringung muss auch nach zeitlichem Abstand zum Austritt möglich sein.

Das KLC beteiligte sich zudem an folgenden kantonalen Vernehmlassungen:

Stellungnahme zum Planungsbericht über die sozialen Einrichtungen nach SEG 2024-2027 des Kantons Luzern (18.04.2023)

Stellungnahme zur Revision des Gesetzes über die öffentliche Sozialhilfe (Sozialhilfegesetz) des Kantons Uri (05.09.2023)

Stellungnahme zum Bericht «Innerkantonale Grundlagen für die Fremdunterbringung Minderjähriger» des Kantons St. Gallen (31.10.2023)

Stellungnahme zur Teilrevision des Gesetzes über die Unterstützung Bedürftiger (Rückerstattung von sozialhilferechtlichen Unterstützungsleistungen) des Kantons Graubünden (30.01.2024)

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