NFP 76 im Bundeshaus
11.09.2024
Vorwärts gehen mit einem lernenden Blick zurück
Gemeinsam mit der parlamentarischen Gruppe „Kind und Jugend“ (PGKJ) organisierte die parlamentarische Gruppe „Care Leaving – ehemalige Heim- und Pflegekinder“ am 11. September 2024 einen Anlass zum Nationalen Forschungsprogramm NFP 76 «Fürsorge und Zwang – Geschichte, Gegenwart, Zukunft». Zwischen 2018 und 2023 analysierten rund 150 Forschende in 29 Projekten Merkmale, Mechanismen und Wirkungen der Fürsorgepolitik und -praxis, woraus auch 10 Impulse für die Politik entstanden (wie berichtet in den NEWS vom 10.07.24).
Mit dem Fokus auf die ausserfamiliäre Unterbringung von jungen Menschen wurden zwei Forschungsprojekte eingeladen, ihre Ergebnisse und Empfehlungen zu präsentieren. Nach der Begrüssung durch Nationalrat Fabian Fivaz führte der Leiter der Forschungsgruppe des NFP 76 Prof. Dr. Alexander Grob mit seinem Input in die Thematik ein und betonte die Aktualität der Ergebnisse in der Gegenwart und für die Zukunft. Mit Blick auf die Thematik Leaving Care fokussierte er drei Aspekte:
· Normativität und Stereotypen gegenüber Pflegekindern bewusst machen
· Entkoppelung des Leistungsbezug von Diagnosen
· Kinder und Jugendliche befähigen, ihre Rechte zu artikulieren
Prof. Dr. Michelle Cottier und Dr. Gaëlle Droz-Sauthier betonten in ihrem Beitrag über die Forschung Integrität, Autonomie, Partizipation: Wie erleben Kinder und Eltern den Kindesschutz?, dass das Kindesschutzrecht im Licht der KRK (Kinderrechtskonvention) neu zu überdenken sei und empfahlen ein einheitliches, Partizipation förderndes Kindesschutzverfahren.
In seinen Ausführungen zur Forschung Kindesschutz und Fremdplatzierungen: Effekte von Institutionen, Finanzierung, Umsetzung zeigte Dr. Michael Marti eindrücklich die Zusammenhänge zwischen Finanzierungslogiken und der Anordnung von Platzierungen auf. Hierbei bedürfe es ein besonderes Augenmerk auf die 18 bis 25jährigen. Er regte die Anpassung bei Finanzierungssystemen sowie eine Verbesserung der Datenlage an.
Im Anschluss wurde von Nationalrätin Christine Bulliard-Marbach die Frage- und Diskussionsrunde eröffnet. Die anwesenden Parlamentarier*innen sowie Fachpersonen und Erfahrungsexpert*innen ergriffen die Chance, die Forschenden zu befragen und auszuloten, wo es konkrete politische Ansatzpunkte geben würde. Wie kann die Politik dazu beitragen, dass wir (endlich) besseres Datenmaterial erhalten, inklusiv der jungen Erwachsenen? Müsste der Kinder- und Jugendschutz auf ein Alter 25 verlängert werden, analog dem Jugendstrafrecht? Bräuchte es spezialisiertere Ausbildung und mehr Sensibilisierung von Fachkräften?
Deutlich wurde, dass es noch viel zu tun gibt, um die Situation von ausserfamiliär untergebrachten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu verbessern. Die Politiker*innen nahmen die verschiedenen Anliegen sehr ernst und werden gemeinsam weitere Schritte prüfen.
Wir danken allen Parlamentarier *innen, Referent*innen und Gästen für den gelungenen Anlass und angeregten Austausch. Es bleibt: Aus Vergangenem lernen und gemeinsam auf eine bessere Zukunft einwirken!